Freitag, 19. Februar 2010

Atemlos in Berlin

Es hat ein Weilchen gedauert bis der Geist mir nun eine Verschnaufpause gönnt. Das Herzflattern ist vorbei, und die Energie, die mich drei Tage atemlos durch Berlin getrieben hat, ebbt langsam ab. Mein eigener Berlinale-Film ist mit Handkamera gedreht, wacklig, verwischt, rasant und ohne Ende.
Sonntag komme ich an, erschöpft und müde aus München, doch schon als ich im Zugklo das braune Boat People Kleid überstreife nimmt mein Herz Fahrt auf.
In Friedrichshain schmeiße ich die Taschen in die Ecke und stürze mich in die Revolver Party.
Ich und mein Kleid, wir sind in Berlin! Angelika und ich schauen von der Brüstung auf die tanzende Menge, Kontaktfieber, Zigarettenluft, Berlinale, die roten Preisschilder baumeln im Disco Licht und schon geht es los: Du hast da...ja, danke, das gehört so.

Weiter. Am nächsten Tag sehe ich mein Premieren Kleid in Lisas Atelier hängen, ein Traum in Rosa und Pink, und verliebe mich sofort. Es fehlt ein Umhang dazu, und ich schleiche mich heimlich mit dem Kleid in der Tüte in den H&M, wie absurd, Glitzerschal und Ansteckblume, schnelle Beute, an der Tür piepst es, den herbeigestürzten Verkäuferinnen zeige ich den Traum in Rosa und die vielen Schilder, das ist Ware von vorgestern, sie sind verwirrt.

Dann sind wir auf dem Teppich. Ich kann es kaum glauben. Was für ein schönes letztes Geleit,
eleganter geht´s nicht, die Kleider und wir im Blitzlichtgewitter, jetzt die Dame in Pink bitte, solo, hilfe... Mach was mit deinem Kleid! ruft Angelika, und als die Kinderhemdchen durch die Luft flattern fühle ich mich wieder sicher.
Herzlich willkommen zur Premiere von Der Räuber! Ein Schauer, Zittern und das Gefühl, hier im Berlinale Palast im Mittelpunkt der Welt zu sitzen, ich bin so glücklich, hier zu sein, jetzt und rosapink, das muss dem Geist gefallen.
Die Aufregung, die Atemlosigkeit bleibt, den ganzen Film durch, verstärkt sich, ich halte mich fest im rosa Stoff und renne, wie Andreas Lust renne ich innerlich besessen durch Berlin. Denn ich habe einen Auftrag.
Auf der Premierenfeier viel Prosecco auf Eis, alle Besessenen sehen so schön aus, sprühen und funkeln, Lisa lächelt, der Geist erfüllt uns mit wundersamer Kraft. Kristina hält mir ihr Sektglas hin: Lass da mal die Luft raus. Ich lache, yeeeha! und stürze zur Bar. Und immer wieder: "Was für ein schönes Kleid."
Mein Traum in Rosa. Du darfst nicht sterben. Ich rette Dich. Auch wenn es dem Auftraggeber nicht gefällt. Wir fliehen über die Grenze, wechseln das Auto, rauben eine Bank aus und werden Gallionsfigur auf einem Schiff, du und ich im Wind, stolz flattern die Kinderblusen über dem Meer. Ich hole tief Luft.

1 Kommentar:

  1. Ach so, Euch gibt der Kraft, ihr wollt den gar nicht los werden? Ihr macht den größer!? Und Euch mit ihm, fürchte ich. Da muss wieder Kontakt mit der Arbeitswelt her! Möglichst weit weg!
    Aber auch der Einkauf des stinknormalen H&M Accessoires geht schon in die richtige Richtung. Trotz der kleinen Irritation.

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